Probenbericht von Chris Murray

Dracula, Plakat St. Gallen

Halli hallo aus der Schweiz!

Die Proben laufen gut und kommen gerade in die Endphase, und da wollte ich mich mal melden und ein bisschen berichten.

St. Gallen ist ein süßes Städtchen am Fuße der Berge unweit vom Bodensee. Als ich Anfang März ankam, waren es noch 5 Grad minus, und es lag ein halber Meter Schnee, der sich an manchen Ecken wie Berge auftürmte, weil er sich lange angesammelt hatte. So nach 2 Wochen begann dann alles zu schmelzen, und da habe ich die erste Schweizer Eigenart entdeckt. Wenn alles schmilzt, gehen Teams von Männern rum und sichern die Straßen vor den Häusern, da die Schnee und Eismassen auf den Dächern immer wieder losbrechen und auf die Straße oder den Gehweg donnern. Also waren diese Einsatzgruppen unterwegs, sicherten die Straße ab, kletterten auf das total vereiste Dach und brachten mit großen Stangen und Hämmern die großen Eis- und Schneebrocken kontrolliert zum Runterfallen. Da kraxelt also einer auf dem Dach rum, brüllt runter, und dann donnert es Riesen-Eisstücke auf die Straße. An dem ersten Schmelztag gab es in St. Gallen alleine laut Zeitung 150.000 Franken Autoschäden von herunterfallendem Eis auf Fahrzeuge! Da habe ich nicht schlecht gestaunt.

Ansonsten ist die Stadt ganz hübsch und das Kloster mit seiner Kirche einmalig. Merit war über Ostern mit Isis hier, und da haben wir endlich Zeit, gehabt die Gegend zu erkunden. Am beeindruckendsten ist natürlich die riesige Barockkathedrale, wo wir zu Ostern den Gottesdienst besucht haben. Auch die ehemalige Klosterbibliothek ist super interessant, weil sie so erhalten geblieben ist, wie sie im 17. Jahrhundert war. Dort gibt es einige richtig kostbare und berühmte Handschriften aus dem Mittelalter. Außerdem waren wir in Appenzell, ein sehr hübscher Touristenort außerhalb von St. Gallen in den Bergen, der berühmt ist für seinen Käse - das Käsefondue ist sehr zu empfehlen! : Im Moment ist wieder wunderbares Frühlingswetter, was nur durch einen eintägigen Wintereinbruch mit 10!!!!!! cm Schnee, der auch liegen blieb, vor einer Woche unterbrochen wurde. Da es aber am nächsten Tag auch wieder warm wurde, schmolz er innerhalb von 2 Tagen komplett wieder weg.

St. Gallen im Aprilschnee © by Chris Murray

St. Gallen nach der Schneeschmelze © by Chris Murray


St. Gallen Barockkathedrale © by Chris Murray


Chris mit Isis beim Essen © by Chris Murray

 

Dracula - the musical, Logo der Broadway-Produktion

 



Oper St. Gallen © by Chris Murray

 

Die Proben für Dracula gehen prima von der Hand, und die Rolle des van Helsing gewinnt langsam an Kontur in dem Stück. Ich habe ein schönes Lied mit dem Titel "Nosferatu" und bin ansonsten, sobald nach den ersten 30 Minuten jemand gebissen wird, immer präsent auf der Bühne und versuche, den bösen Dracula zu fangen. In dieser Version, die nah am Buch angelegt ist, von Coppolas Dracula-Film einiges abgeguckt hat und sonst eine Mina-Murray-zentrierte Sicht des Stückes ist, mutiert Dracula zu einem Möchtegern-Liebhaber von Mina, was zum Schluss auch sein Ende bedeutet. Mathias Davids' Regie ist sehr gut und einfühlsam, und wir arbeiten viel am Text. Koen Schoots, der ja auch THE SCARLET PIMPERNEL gemacht hat, ist als Musikalischer Leiter auch immer dabei, und weil er das Stück und Wildhorns Musik super gut kennt, ist er unheimlich wichtig für unsere Arbeit. Kurt Schrepfer, der die Choreographie macht, hat einige coole Tanz- und Kampfnummern choreographiert mit den 3 Vampir-Frauen von Dracula. Auch die Kollegen sind eine sehr nette Truppe. Die Musik ist durchwegs von düster-romantischem Charakter, und der erste Akt wird von 2 leichteren Nummern aufgelockert.

Vor einer Woche hatten wir unsere Orchestersitzprobe, wo wir das Orchester zum erstenmal richtig gehört haben, und da sind schon ein paar tolle Sachen dabei. Leider war es aus Budgetgründen nicht möglich, dass der Dracula rumfliegt wie am Broadway, doch dafür haben sie sich einige coole Effekte ausgedacht, mit dem wir das Publikum hoffentlich überraschen werden. Nächste Woche kommt auch der Komponist des Stückes eigens aus NY angereist, um noch am letzten Schliff mit uns zu arbeiten. Ich war gestern total überrascht, dass der Komponist selber auf seiner Webseite 2 Absätze über meine bald erscheinende CD hat, und dass ich das Lied "Nosferatu" auf der CD habe, ist sogar auf der Haupt-Portalseite seiner Webseite zu lesen bei www.frankwildhorn.com. Das wird bestimmt prima sein, ihn kennen zu lernen.

Ansonsten, wie das immer so ist bei neuen Stücken, wird noch viel geändert und gestrichen und dazugepackt, dass wir immer wieder am Lernen und Gucken sind, wo wir stehen und gehen auf der Bühne. Da diese Inszenierung das Stück in die 1950er transportiert hat, sind alle in der Mode der 50er gekleidet, was sich besonders bei den Frauen mit ihren sehr markanten Kostümen zeigt. So ganz ist mir nicht klar, wie das in den 50ern gehen soll, aber lasst uns die Premiere abwarten, es wird bestimmt spannend zu sehen, ob das Konzept aufgeht. Alle asten und stöhnen unter den vielen Umzügen, aber in der Hinsicht habe ich hier das große Los gezogen, denn bei mir geht es kostümmäßig ganz ruhig zu. Van Helsing hat einen coolen grauschwarzen Anzug mit Mantel und sonst keine Riesen-Umzüge, was eine schöne Abwechselung zu Valjean ist. Für das Stück hier habe ich auch mein Haar jetzt länger stehen lassen, als ich es in der letzten Zeit hatte. Ein Bart ist auch wieder dabei.

Alles in allem eine runde Sache hier in der Schweiz, nur dass ich echt baff bin, wie teuer hier alles ist. Isis und Merit kommen nächste Woche zu Besuch und bleiben ein paar Wochen, bis die Premiere und der erste Schwung Vorstellungen vorbei sind. Dann fliegen wir alle wieder nach Hause nach Berlin, und ich fliege immer wieder hierher für die Vorstellungen während des Jahres.

So, dann werde ich für jetzt Schluss machen und wünsche euch alles Gute,
Euer Chris